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Was droht BaFin, Kunden und Aktionären?

05.07.2020

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Personen: Aktionären, Kunden, Aktionäre, Kunden
Organisationen: BaFin, Wirecard, Aufsichtsbehörden, Zeitung
Orte: britische, Asien, Manila, Singapur

Artikeltext :

Folgen des Finanzskandals Was droht BaFin, Kunden und Aktionären? Nach der Insolvenz von Wirecard gibt es viele offene Fragen. Was sich für die Aufsichtsbehörden ändern soll, was Aktionäre wissen müssen und was mit dem Geld der Kunden ist - ein Überblick. Die britische Zeitung "Financial Times" (FT) hat die mutmaßlichen Manipulationen von Wirecard in Asien aufgedeckt. Im Oktober 2019 berichtete sie über den Verdacht, dass das dortige Drittpartnergeschäft erfunden sein könnte. Denn nahezu der gesamte vermeintliche Wirecard-Gewinn stammte aus dem Geschäft mit drei Partnern: Einer Firma namens Al Alam aus Dubai, Pay Easy Solutions aus Manila und Senjo in Singapur. Diese Firmen erwecken den Eindruck, Scheinfirmen zu sein. In der Folge deckte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ungereimtheiten auf und stellte im April fest, dass die Existenz gut einer Milliarde Euro nicht nachgewiesen sei. Letztendlich kam die Prüfungsgesellschaft EY bei der Bilanzprüfung 2019 zur Einschätzung, dass es sich um kriminelle Manipulationen handelt, und gab den Hinweis an die Behörden. Bilanzskandal des DAX-Konzerns Wie Wirecard tricksen konnte Haben die Aufsichtsbehörden versagt? Wie konnte Wirecard womöglich Milliardengewinne erfinden? | mehr Wie auch die Wirtschaftsprüfer schaute die BaFin offenbar bei Wirecard nicht genau hin, obwohl es seit Jahren Hinweise auf Tricksereien, undurchsichtige Geldströme und mögliche Bilanzfälschungen gab. Im Gegenteil: Nach den FT-Recherchen im vergangenen Jahr ging die Finanzaufsicht gegen die Journalisten vor. Die BaFin stellte damals Strafanzeige gegen zwei FT-Reporter und mehrere Börsenhändler. Begründung: Mit den Enthüllungsgeschichten hätten sie einen Kursrutsch bei Wirecard auslösen wollen, um sich dann mithilfe von Brokern durch Wetten auf fallende Kurse bereichern zu können. Außerdem verfügte die BaFin in enger Abstimmung mit der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA ein europaweites Leerverkaufsverbot. So etwas hatte es zuvor nur in der Finanzkrise nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 gegeben. Das BaFin-Vorgehen sah aus, "als werde eine Schutzmauer um Wirecard gebaut", schrieb die "Süddeutsche Zeitung". Wirecard konnte sich so leicht als Opfer einer Verschwörung inszenieren. BaFin-Chef Felix Hufeld sprach mittlerweile von einem "kompletten Desaster" und gab sich selbstkritisch: "Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert." Die BaFin verweist dabei auf ihre Zuständigkeiten und Kompetenzen. Sie beaufsichtigt nur die Wirecard Bank, nicht jedoch den Gesamtkonzern. Daher habe sie "keine formalen Prüfungsrechte, was das zweifelhafte Asiengeschäft des Konzerns angeht", wie sie gegenüber tagesschau.de erklärte. Bundesfinanzminister Olaf Scholz kündigte bereits Änderungen bei der BaFin an. Er plant ein unmittelbares Durchgriffsrecht der Behörde und eine Abschaffung des bisherigen zweistufigen Prüfverfahrens. Aktuell prüft zuerst die als Bilanzpolizei bekannte DPR und erst danach kommt die BaFin ins Spiel. Zudem soll die BaFin laut Scholz mehr Durchgriffsrechte bei der Kontrolle von Bilanzen bekommen. Konsequenz aus Wirecard-Skandal Scholz will Finanzaufsicht stärken Seit der Wirecard-Affäre steht die BaFin in der Kritik - Finanzminister Scholz kündigte nun Änderungen an. | mehr Darüberhinaus beauftragte die EU-Kommission die europäische Finanzaufsicht ESMA damit, zu klären, ob die BaFin bei der Kontrolle über Wirecard versagt hat. Bis 15. Juli soll ein vorläufiger Untersuchungsbericht vorliegen. Wenn ein Verstoß festgestellt wird, könnte die BaFin von Brüssel angewiesen werden, ihre Praktiken zu ändern - eine höchst peinliche Situation für eine nationale Aufsichtsbehörde. BaFin-Chef Hufeld bekam zuletzt von Scholz Rückendeckung. Die Linkspartei fordert jedoch personelle Konsequenzen. Sie brachte auch einen Untersuchungsausschuss des Bundestags oder einen Sonderermittler ins Spiel. Fraktionsvize Fabio De Masi sagte, die Linke bezweifle, dass Hufeld die Akte Wirecard hinreichend klären werde. Nach Bilanzskandal EU-Kommission prüft Wirecard-Desaster Die EU-Kommission lässt den Bilanzskandal bei dem Finanzdienstleister überprüfen. | mehr Immer mehr Investoren kündigen Klagen gegen den Wirtschaftsprüfer EY (früher: Ernst & Young) an, der seit Jahren die Wirecard-Bilanzen prüft. Laut "Spiegel" will auch der japanische Technologieinvestor Softbank, der zu den Investoren von Wirecard gehört, juristisch gegen EY vorgehen. Der Reputationsschaden ist immens. Es gebe Zweifel, dass EY als Abschlussprüfer überhaupt geeignet sei, die Bilanzen zu prüfen, erklärte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Sie werde auf künftigen Hauptversammlungen für die von ihr vertretenen Investoren gegen eine Bestellung von EY zum Abschlussprüfer stimmen. In Deutschland war EY zuletzt auf dem Vormarsch und gewann lukrative neue Mandate für die Bilanzprüfung, etwa die Deutsche Bank. EY hatte mehr als ein Jahrzehnt lang die Zahlen von Wirecard geprüft. Erst bei der Durchsicht der 2019er-Bilanz bemerkten sie, dass Bestätigungen zu Konten auf den Philippinen gefälscht waren. Wirtschaftsprüfer und Wirecard Größtmöglicher Misstrauensbeweis Die Wirtschaftsprüfer von EY versagen Wirecard den Jahresabschluss für 2019. | mehr Sie haben viel Geld verloren. Die Aktie fiel von zwischenzeitlich fast 200 Euro auf unter zwei Euro - ein Verlust von rund 99 Prozent. Anleger können Wirecard oder die Wirtschaftsprüfer EY verklagen und versuchen, so zumindest einen Teil ihres Verlustes wieder reinzuholen. Grundlage wären etwa unerlaubte Handlungen oder Verletzungen der Ad-hoc-Pflichten. Mehrere Anwaltskanzleien bereiten auch schon entsprechende Sammelklagen vor. Allerdings müssen sich Aktionäre ganz hinten anstellen. Banken, die Wirecard Kredite gaben, und andere Gläubiger können ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Aktionäre bleiben auf ihren Kursverlusten sitzen. Immerhin: Aktionäre müssen im Falle einer Insolvenz kein Kapital nachschießen. Das Tochterunternehmen der Wirecard AG hat eine Vollbanklizenz und darf damit alle Bankdienstleistungen anbieten. Über die Bank wickelt Wirecard das europäische Acquiring-Geschäft ab. Die Finanzaufsicht BaFin hat die Bundesbank als Sonderbeauftragten bei der Bank eingesetzt, damit von dort keine Gelder an die AG abfließen. Kunden ziehen sich schon zurück: So stellte die Allianz ihre Kooperation ein, der Discounter ALDI Süd wickelt seine Kreditkartenzahlungen künftig über den Konkurrenten Payone ab. Die Solarisbank äußerte Interesse an der Übernahme von Kunden. Die Deutsche Bank will der Wirecard Bank zur Seite springen. Das Geldhaus prüfe in Abstimmung mit der BaFin, dem Wirecard-Insolvenzverwalter und dem Vorstand der Wirecard Bank mögliche finanzielle Hilfen, erklärte die Deutsche Bank. Insidern zufolge bringt sie sich damit in eine gute Ausgangsposition für eine möglicher Übernahme. Die Wirecard Bank soll davor geschützt werden, in die Pleite der Muttergesellschaft hineingezogen zu werden. "Die Wirecard Bank AG ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens der Wirecard AG", teilte der Zahlungsverkehrs-Dienstleister mit. Allerdings ist die Bank eng mit dem insolventen Mutterkonzern verflochten - etwa beim Vertrieb. Deshalb dürfte es schwierig sein, die Bank aus der Insolvenz herauszuhalten. Laut Geschäftsbericht 2018 lag die Bilanzsumme der Wirecard Bank bei 1,6 Milliarden Euro - damit ist sie so groß wie eine mittelgroße deutsche Sparkasse. Ende 2018 lagen demnach Spareinlagen von 1,4 Milliarden Euro bei der Bank. Die Allianz stellt ihre Bezahl-App "Pay&Protect" ein, die über die Wirecard Bank läuft. Der Vertrag sei gekündigt worden, teilte Allianz mit. Die aktuelle Situation habe sie dazu veranlasst, das Produkt einzustellen und zu überprüfen, ob ein ähnliches Angebot für das Produktportfolio weiterhin von Bedeutung sei, hieß es in einer Erklärung. Die App "boon.PLANET" ist ein Angebot der Wirecard Bank und funktioniert wie eine mobile Direktbank. Kunden haben eine physische und eine virtuelle Kreditkarte (Debit Mastercard) und ein Girokonto. Auch Tech-Konzerne wie Google und Apple bieten die App an. Für einige Tage war das Geschäft ausgesetzt und sämtliche Transaktionen, wie etwa die Bezahlung per Apple Pay, nicht möglich. Die Aussetzung sei auf Anordnung der britischen Finanzaufsichtsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) erfolgt, hieß es. Mittlerweile ist der Dienst wieder verfügbar und das Bezahlen möglich. Beobachter rechnen damit, dass boon demnächst eingestellt wird. Die App komme nicht an Angebote von Direktbanken wie N26 heran, sagt etwa Payment-Experte Markus Mosen. Die Einlagen sind durch den gesetzlichen Entschädigungsfonds geschützt, der pro Sparer bis zu 100.000 Euro abdeckt. Zusätzlich ist die Wirecard Bank, die die App anbietet, Mitglied im Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Inklusive der gesetzlichen Absicherung sind damit 19,7 Millionen Euro pro Einleger geschützt. Die Multi-Mastercard Curve, die auch von der Wirecard Card Solutions Limited herausgegeben wird, konnte einige Tage nicht genutzt werden. Curve begründete das damit, dass die britische FCA der WDCS die Genehmigung zum Betrieb entzogen habe. Mittlerweile hat die FCA das Verbot gegen Wirecard in Großbritannien wieder aufgehoben. Grund sei die als ausreichend erachtete Einlagensicherung. Auch Curve kann wieder mit Apple Pay genutzt werden. Curve beendete jedoch die Zusammenarbeit mit Wirecard und nutzt für die Abwicklung der Bankaktivitäten künftig die Dienste des Konkurrenten Checkout. Auch Kunden der Holvi Business Mastercard, die ebenfalls von WDSC herausgegeben wird, konnten die Kreditkarten einige Tage nicht nutzen. Mittlerweile sind Zahlungen und Geldabhebungen wieder möglich. Wie Holvi in einer Erklärung mitteilte, könne man noch sagen, "wie es mit der Holvi Business Mastercard in Zukunft weitergeht". Wirecard ist ein Bezahldienstleister, der bargeldlose Zahlungen an Ladenkassen und im Internet abwickelt. Das Unternehmen sitzt an der Schnittstelle zwischen den angeschlossenen Händlern auf der einen und Banken und Kreditkartenfirmen auf der anderen Seite. Einen Teil dieser Geschäfte im Mittleren Osten und in Südostasien hatte Wirecard Drittfirmen übertragen, die Zahlungen im Auftrag des deutschen Unternehmens abwickelten - angeblich. Denn nun hat sich herausgestellt, dass ein großer Teil dieses Drittfirmengeschäfts mutmaßlich frei erfunden war. Nach derzeitigem Stand geht es um Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Sollte Wirecard den Betrieb einstellen, würde das den deutschen Einzelhandel wohl nicht in größerem Ausmaß treffen. Das Unternehmen hat nach Daten des Handelsforschungsinstituts EHI Retail Institute nur einen relativ geringen Marktanteil bei Kreditkartenzahlungen. Für die Girocard als meist genutztes bargeldloses Zahlungsmittel habe Wirecard keine Netzbetreiberlizenz, sagte Horst Rüter, Leiter des Forschungsbereichs Zahlungssysteme und Mitglied der Geschäftsleitung. Zahlungen per Kreditkarte dagegen laufen durchaus über Wirecard. Doch spielen Kreditkarten laut EHI bei den Zahlungsarten im Einzelhandel mit einem Anteil von 7,6 Prozent eine untergeordnete Rolle - und Wirecard hat in dieser Hinsicht ohnehin keine dominante Rolle. Wirecard steht mittlerweile offiziell unter Kontrolle des Rechtsanwalts Michael Jaffé als vorläufigem Insolvenzverwalter. Er hat damit die Entscheidungshoheit über Finanzen und Unternehmenskasse. Jaffé muss nun prüfen, ob das Unternehmen überlebensfähig ist, oder ob Wirecard mangels Substanz den Betrieb einstellen muss. Aufgrund der sehr schwierigen Lage kann das dauern. Schätzt der Insolvenzverwalter das Unternehmen als überlebensfähig ein, ist eine Option die Suche nach Investoren, die das nötige Geld für den Weiterbetrieb zur Verfügung stellen. Die Wirecard-Mitarbeiter in Deutschland bekommen Insolvenzgeld. Nach einer ersten Bestandsaufnahme erklärte Jaffe, es gebe bereits eine Vielzahl an Interessenten aus aller Welt für das Kerngeschäft von Wirecard sowie für einzelne Geschäftsbereiche. Nach Finanzskandal und Insolvenz Wirecard vor der Zerschlagung Wie geht es nach der Pleite weiter mit dem Finanzdienstleister Wirecard? | mehr Die US-Tochter Wirecard North America - früher Citi Prepaid Card Services - stellte sich bereits selbst zum Verkauf. Die Gesellschaft sei eine separate rechtliche und geschäftliche Einheit, trage sich selbst und sei "im Wesentlichen unabhängig" von der Mutter, hieß es. Das Payment Processing & Risk Management ist die größte Wirecard-Sparte. Es betreibt die klassische Zahlungsabwicklung in Online-Shops oder an Ladenkassen, für die Wirecard Gebühren kassiert. Experten halten das Payment Processing für den womöglich werthaltigsten Geschäftsbereich. Für einen potenziellen Käufer könne es einfacher sein, die ganze Plattform zu übernehmen und nicht nur Kunden, da es technisch für Online-Shops leichter umzusetzen sei. Insider rechnen damit, dass sich Rivalen wie Adyen aus den Niederlanden und Worldline aus Frankreich dieses Geschäft näher anschauen werden. Die britische Tochter Wirecard Card Solutions könnte für Wirecard-Rivalen wegen ihrer Lizenzen interessant sein. Über ihre Plattformen werden Processing- und Aquiringgeschäfte abgewickelt, und sie arbeitet mit FinTechs zusammen, wie es auf der Website heißt. Dem DAX gehören die 30 größten Aktiengesellschaften Deutschlands an. Die Deutsche Börse, die für die Zusammenstellung des DAX verantwortlich ist, überprüft alle paar Monate die Zusammensetzung des Index. Die nächste Überprüfung steht im September an. Die Börse sieht aktuell keinen Anlass, den Arbeitskreis Aktienindizes außerplanmäßig tagen zu lassen. Wirecard erfüllt nach Expertenmeinung weiterhin alle Bedingungen, dem DAX anzugehören. Denn eine Vorverurteilung von Unternehmen soll nicht stattfinden - schließlich könnte Wirecard auch nach der Insolvenz noch existieren. Ein schneller Ausschluss aus dem DAX ist nur möglich, wenn "die Insolvenz mangels Masse abgewiesen wird" oder wenn sich ein Unternehmen "in Abwicklung".


Über dieses Projekt

Dieses Projekt entstand aus praktischer Arbeit zur Analyse deutschsprachiger Nachrichten im Rahmen eines Medienmonitoring-Systems.

Der ausgewertete Korpus besteht aus 96 Artikeln von Tagesschau.de, ausgewählt aus einem Gesamtbestand von über 11.000 Artikeln zur besseren Übersichtlichkeit.

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